Kommentar: Die Folgen der Inflation auf das Kreditgeschäft

Die Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika ist eng mit dem Satz „no taxation without representation“ verbunden. Heutzutage gilt hingegen immer mehr der Satz von Milton Friedman „inflation is taxation without representation“. Inflation sei also sozusagen eine inoffizielle Steuererhöhung.

Diese Situation ist derzeit virulent. Im November ist die Inflation in den USA auf 6,8% angestiegen – ein höherer Wert wurde seit 1982 nicht mehr verzeichnet. Zur Erinnerung: In den Jahren 1981/1982 gab es die größte Rezession seit der großen Depression.

In der Eurozone liegt die Inflation derzeit bei 4,9% (zum Vergleich: Deutschland 5,2%). Damals wie heute wird darüber gesprochen die Zinssätze anzuheben, um die Inflation zu bekämpfen. Während sich die EZB in Ihrer Sitzung vom 16. Dezember damit begnügt hat, die Anleihekäufe drastisch zu reduzieren und die Leitzinsen unangetastet zu lassen, hat die FED bereits mehrere Zinserhöhungen in 2022 bis auf 0,9% in Aussicht gestellt. Auch sollen die Wertpapierkäufe nun ab Mitte Januar um 30 Milliarden $ monatlich reduziert werden.

Was bedeutet dies nun für den Kreditmarkt der Eurozone – insbesondere für das neue Jahr 2022?

So lange die EZB weiterhin erst plant zu reagieren, wenn die Inflation im mittelfristigen Projektionshorizont über 2 % liegt, und sie die Leitzinsen bis dahin unangepasst lässt, sind dies klare Anreize für Unternehmen und Privatleute Kredite aufzunehmen.

Die Kreditnachfrage wird dabei begünstigt durch weiter steigende Immobilienpreise in vielen Ländern der Eurozone bei einer nicht nachlassenden Nachfrage nach Immobilien. Das führt zu wachsenden Kreditvolumina. Auch kann es zu einer erhöhten Nachfrage gerade durch die erwartete zukünftige Bewegung bei den Leitzinsen kommen, da sich potenzielle Kreditnehmer rechtzeitig günstige Kredite sichern wollen.

Banken und andere Kreditanbieter werden sich also mit einer erhöhten Nachfrage konfrontiert sehen, müssen aber gleichzeitig die steigenden Risiken durch die notwendigen Anschlussfinanzierungen im Blick behalten. Durch das niedrige Zinsniveau und die tendenziell höheren Kreditsummen hat auch ein leichter Anstieg des Nominalzinses um nur ein Prozent eine starke Auswirkung auf die monatliche Rate der Anschlussfinanzierung.

Abschließend lässt sich also feststellen, dass nicht nur die Staaten von der „taxation without representation“ profitieren, sondern auch Schuldner und selbst die Gläubiger – so lange die Schuldner weiterhin Kredite nachfragen und die Kredite nicht ausfallen.

Info: Unser Autor Christian Piller ist als Product Director Banking bei Aryza für den Bereich Loan Origination zuständig.