Unternehmen benötigen in der Krise deutlich mehr Kredite

  • Kurzfristige Kredite, um Kosten für Energie, Rohstoffe und Lagerhaltung zu finanzieren
  • Überbrückungskredite, um längere Zahlungsziele auszugleichen
  • Stagflation droht, Gefahr für zahlungsgestörte Kredite nimmt zu
  • Banken bauen ihre Abwicklungsbereiche personell deutlich aus

 

Laut Bundesbank hat auch die Nachfrage nach mittel- und langfristigen Krediten durch Unternehmen und Selbstständige zugelegt, damit erreiche das Volumen „neue Höchststände“.

Die Anzahl der Kreditanfragen durch Unternehmen hat sich in Q2 um 23 % gegenüber dem Vorquartal erhöht. Das berichtet der Bankenverband in seiner Publikation „Unternehmensfinanzierung AKTUELL“ und bezieht sich auf das Ergebnis einer EZB-Befragung. Vor allem habe die Zahl nach kurzfristigen Krediten zugenommen, mit denen ansteigende Energie- und Rohstoffkosten sowie höhere Lagerhaltungskosten finanziert werden müssten.

„Die Ungewissheit über die wirtschaftliche Zukunft sorgt dafür, dass Unternehmen verstärkt Betriebsmittelkredite anfragen, um einen finanziellen Puffer zu haben oder als Überbrückungskredite eine steigende Inanspruchnahme von Zahlungszielen durch Kunden auszugleichen“, sagt Christian Piller, Product Director Banking bei Aryza.

Laut Bundesbank hat auch die Nachfrage nach mittel- und langfristigen Krediten durch Unternehmen und Selbstständige zugelegt, damit erreiche das Volumen „neue Höchststände“. Grund dürfte vor allem eine stärkere Nachfrage größerer Unternehmenskunden sein, heißt es. Die deutsche Wirtschaft stehe vor einem Jahrzehnt der Investitionen, die aus einem Dreiklang von Bankkrediten, Kapitalmarktinstrumenten und öffentlichen Geldern finanziert werden müssten.

Banken müssen im Antrag mehr Daten verarbeiten als zuvor – bei gleichzeitig steigenden Risiken in den Büchern aufgrund einer drohenden Rezession oder sogar Stagflation.

David Korbel, General Manager DACH

„Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Banken im Antrag mehr Daten verarbeiten werden müssen als zuvor“, sagt David Korbel, General Manager DACH Aryza – bei gleichzeitig steigenden Risiken in den Büchern aufgrund einer drohenden Rezession oder sogar Stagflation. Viele Häuser bereiteten sich derzeit auf eine Zunahme zahlungsgestörter Kredite vor, vom Collections-Bereich bis hin zum Mahnverfahren. Christian Piller ergänzt: „Die Prüfung wird verstärkt und die verwendeten Covenants verschärft.“

Nach Angabe des Bankenverbands haben die Institute zudem höhere Rücklagen gebildet – trotz einer zuletzt restriktiveren Kreditvergabepolitik (die Kreditvergabestandards wurden in Deutschland laut aktuellem „Bank Lending Survey“ der EZB um 3,2 % angehoben; im Eurozonen-Durchschnitt war der Anstieg mit 15,6% sogar sehr viel deutlicher).

Dass die Entscheider in vielen Banken wachsende Ausfallrisiken befürchten, spiegelt sich in vielen Instituten inzwischen auch personell wider: „Die Abwicklungsbereiche werden mit neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verstärkt“, beobachtet Christian Piller. Doch das allein reicht aus seiner Sicht nicht aus. Um bestmögliche Ergebnisse in Zeiteffizienz und Mitarbeiternutzen zu erreichen, empfiehlt der Banking-Experte eine maximale Integration des gesamten Kreditlebenszyklus in die System- und Informationslandschaft. „Banken, die jetzt nicht ihre Prozesse analysieren und die Workflows softwaregestützt auf die kommenden Herausforderungen anpassen, lassen Geld auf der Straße liegen“, so Christian Piller.